Inzwischen ist es schon über neun Monate her, dass wir David in unserer Familie begrüßen durften und nur eine gute Stunde später wieder verabschieden mussten. Neun Monate. So lange wie eine Schwangerschaft, nach Lehrbuch, dauern sollte.
Auch nach diesen neun Monaten gibt es immer noch gute und schlechte Phasen. Für ganz viele Menschen in unserem Umfeld, eigentlich sogar für fast alle, ist es schon sehr lange her, dass David bei uns war. Davids Geburt, Tod und auch seine Beerdigung sind für die meisten inzwischen sehr in den Hintergrund gerückt und vielleicht sogar zum Teil in Vergessenheit geraten. Für uns, Davids Familie, ist das alles aber erst einen Wimpernschlag her. David fehlt uns nach wie vor jeden Tag. Nichts wird ihn je für uns ersetzen, niemand jemals seinen Platz einnehmen können.
Möglicherweise denken einige, wir sollten nach vorne blicken, mit der Vergangenheit (also mit unserem verstorbenen Kind) abschließen und vielleicht ein neues Kind bekommen, um uns über Davids Verlust hinweg zu trösten. Auch wenn uns dies kaum jemand so direkt sagt, fühlt es sich in Gesprächen doch oft so an.
Wir mussten schon bald feststellen, dass nur sehr wenige Menschen mit Davids Tod umgehen können. Leute, mit denen wir sonst immer bei kurzen Begegnungen ein paar Worte gewechselt hatten, gehen uns nun aus dem Weg. Selbst enge Familienmitglieder ließen sich schon wenige Wochen nach Davids Beerdigung kaum noch sehen. In unserer schwersten und dunkelsten Trauerzeit waren wir ziemlich verlassen. Wir haben uns nach Unterstützung gesehnt und danach in einer Gemeinschaft aufgefangen zu werden. Auch auf ein offensives Einfordern dieser Unterstützung kam viel zu wenig zurück. Dadurch gingen einige, eng und verlässlich geglaubte, Verbindungen zu Bruch. Und auch von weiteren Weggefährten werden wir uns wohl noch verabschieden. Denn wer darauf wartet, dass wir wieder "die Alten" werden und auf eine Rückkehr zu den guten alten Zeiten hofft, den müssen wir enttäuschen: Wir sind nicht mehr die Gleichen, die wir vor David waren und dorthin können wir auch nicht mehr zurück. Wir sind unserem alten Ich sozusagen entwachsen. Und schrumpfen ist nun mal nicht möglich.
Auf der anderen Seite jedoch ist unsere Familie durch David viel enger zusammen gewachsen. Unsere Ehe ist gefestigter denn je und wir haben gelernt wer unsere echten Freunde sind - auf wen wir uns wirklich verlassen können. Denn auch wenn viele, auf die wir fest gezählt hatten, nicht für uns da waren, so waren dafür andere da, mit denen wir nicht gerechnet hatten. Und es sind neue Verbindungen entstanden und Freunde dazu gekommen, wunderbare Menschen, die wir überhaupt erst durch David kennen gelernt haben.
David hat uns gezeigt wer unsere wahren Freunde sind. Und diese melden sich nach wie vor um zu fragen wie es uns geht, um tiefgründige Gespräche zu führen, uns mal ein Tränchen weg zu wischen, aber auch um mit uns zu lachen. Und das tut unglaublich gut. Danke, dass ihr für uns da seid! Ihr seid echt Gold wert.
Davids Mama
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