· 

Davids erster Geburtstag

Morgen ist es geschafft: Das erste Jahr ohne David. Ich weiß nicht, wie wir dieses erste schwere Jahr überstehen konnten. Es folgte einfach ein Tag dem anderen und plötzlich sind 364 Tage vorüber.


An dem Tag als David geboren wurde landeten morgens auf der Wiese vor unserem Wohnzimmerfenster mehrere Störche und blieben dort einige Zeit. Mir waren hier nie zuvor Störche aufgefallen und es war so passend, dass sie gerade an diesem Tag da waren.


Wenige Tage nach Davids Geburt hatte es geschneit und alles war dick mit Schnee bedeckt. Das hatte für mich etwas sehr tröstliches. Auch jetzt liegt gerade noch etwas Schnee draußen und es fühlt sich gut an. Weich und hell. 


Einerseits war das Davidjahr, wie ich es manchmal nenne, sehr bewegt. Vor allem in uns drinnen hat sich viel getan. In einem vorherigen Eintrag hab ich geschrieben, David hat unsere Sicht auf die Welt verändert. Aber es fühlt sich eher so an, als wären wir an eine andere Stelle verrückt worden, wodurch sich ein neuer Blickwinkel für uns ergeben hat.


Andererseits waren wir aber zu einem großen Teil in einer Art Seifenblase. Es drang nur wenig von außen zu uns durch. Wichtige politische und andere Ereignisse prallten einfach außen an der Blase ab. Meine persönliche Seifenblase platzte erst im Frühling, weil dann zu viel von außen herein kam, das die Blase schließlich nicht mehr fassen konnte. Damals hätte ich meine Schutzhülle gerne noch behalten und auch jetzt bin ich nicht sicher, ob der Zeitpunkt für mich richtig war. Aber es ist okay so. 


Für morgen haben wir uns ein paar Dinge überlegt, wie wir Davids Geburtstag verbringen wollen: Wir wollen ihm Blumen bringen und Ballons steigen lassen. Abends bestellen wir Pizza, weil es die letztes Jahr auch gegeben hat. Ich freue mich schon auf den Tag mit der Familie und wir machen es uns einfach so schön wie möglich. Unsere Große hat Angst vor dem morgigen Tag. Sie befürchtet, es könne ihr wieder so schlecht gehen wie letztes Jahr. Ich selbst habe davor keine Angst, denn jedes Tief das ich durchlebt habe, ist überwunden und kommt nicht nochmal dran. Das nächste Tief ist ein neues und auch das werde ich schaffen. Und so geht es jedem in unserer Familie. Auch unsere Große wird den Tag und das Tief, das vielleicht mit diesem verknüpft ist, überstehen. Und es muss zwar jeder selbst, aber keiner allein, durch. Wir werden einander an die Hand oder in den Arm nehmen und gemeinsam hindurch und dann direkt weiter gehen. Ein kurzes Verweilen im Gefühl der Trauer ist gut und auch in Ordnung. Aber ich denke wir sollten uns nicht zu tief in das Gefühl hinein graben und ich bin mir ganz sicher, dass David uns an seinem Geburtstag nicht nur weinen sehen, sondern auch lachen hören, will.


Davids Mama







Kommentar schreiben

Kommentare: 0